14.02.2018

Grüne bei der Pflege

Grüne im Landrats-Wahlkampf erkunden Zustände bei der Pflege
Zentrum Spittergrund Tambach-Dietharz ist Vorzeige-Haus, bildet aus und hat eine lange Warteliste

Tambach-Dietharz. Helle Flure, unterschiedliche Wohnbereiche, die eine jeweils andere farbliche Gestaltung haben. Die Namen erinnern an Markantes aus der Region. Im Diakonischen Zentrum Spittergrund lebt und wohnt man in familienähnlichen Gemeinschaften. Als sich am Dienstag die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, und mit ihr Steffen Fuchs, Kreistagsmitglied und Landratskandidat seiner Partei, über die Probleme in der Pflege informieren wollen, sind sie in einer Vorzeige-Einrichtung gelandet.

So schätzt es Göring-Eckardt ein, denn sie sieht nicht auf von Zimmer zu Zimmer hetzende Pflegekräfte, sondern eine eher entspannte Atmosphäre. Jeder Bewohner hat ein Einzelzimmer. Das Gemeinschaftsleben findet rund um die offene Küche statt. Es wird alles gemeinsam frisch gekocht und auch Kuchen wird selbst gebacken, wie Josephine Hellmann berichtet.

Die junge Frau ist einer der Alltagsbegleiter, der zu jeder Wohngemeinschaft gehört. Am Spittergrund werden auch 50 Quadratmeter große Wohnungen vermietet. Pflegeleistungen kann man dann individuell dazu buchen. Die Einrichtung ist seit September 2017 anerkannte Kneipp-Senioreneinrichtung.

Dies werde sowohl in den Betreuungsangeboten wie in der Pflege durch Güsse, Wickel, Auflagen, Massagen, Einreibungen, Wassertreten, gesunde Ernährung mit frischen Kräutern und anderes umgesetzt, erläutert Leiterin Ines Kachel. Das Diakonische Zentrum ist beliebt, die Warteliste entsprechend lang. Gut besucht ist auch die Tagespflege, die von Senioren gebucht wird, die nicht im Zentrum wohnen. Dort wie auch in den Wohngruppen absolvieren Jugendliche Praktika. In den fünf Jahren seit der Eröffnung habe man schon drei mal junge Leute für ein freiwilliges soziales Jahr gewinnen können, berichtet Thomas Gurski von der Geschäftsführung der „Josias Löffler Diakoniewerk Gotha gGmbH“, zu der die Einrichtung im Luftkurort gehört. Doch die bundesweiten Probleme sind auch in Tambach-Dietharz spürbar. Nachts hat nur eine Pflegekraft Dienst. Obwohl das Diakoniewerk selbst ausbildet, sieht Gurski im Fachkräftemangel das große Problem auch in der Zukunft.

Schon heute fehlen aus seiner Sicht 30 000 Pflegekräfte bundesweit. Es gibt in der Bundesrepublik 136. 000 stationäre Altenpflegeeinrichtung. Die 8.000 im Koalitionsvertrag vorgesehenen neuen Stellen ergäben daher nicht einmal einen neuen Mitarbeiter pro Einrichtung. Auch in der generalisierten Pflegeausbildung sieht Gurski ein Problem. Es könnte sein, dass die Krankenhäuser profitieren und die Altenpflege das Nachsehen hat.

Göring-Eckardt stimmt ihm zu und berichtet, mit Volker Kauder, dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, über 25. 000 neue Stellen einig gewesen zu ein. Leider habe Andrea Nahles von der SPD nicht zugestimmt, das Thema offenbar in die Koalitionsverhandlungen mitnehmen wollen. Man hätte dies sonst in der Zeit nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen und vor den Verhandlungen zur Großen Koalition beschließen können, bedauert die Grünenpolitikerin die aus ihrer Sicht verpasste Chance. Sie hält kurzfristig 25. 000 Stellen und langfristig 130.000 Stellen für geboten.

Steffen Fuchs erkundigt sich, wie man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Gotha käme. Ines Kachel nennt es eine Weltreise.

Bildunterschrift: „Ich kenne Sie!“, sagt Liselotte Hofmann (91) zur Bundestagsabgeordneten Katrin Göring-Eckardt von den Grünen und kommt sogleich mit ihr ins Gespräch. Ilka Zwink reicht zwischendurch eine Riechprobe. Das gehört zum Programm in Diakonischen Zentrum Spittergrund und regt die Sinne an.

Text und Foto: Peter Riecke/ Thüringer Allgemeine Gotha

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